Unser Jahreszeitenbuch
Die Seite mit dem blauen Auto
E. nimmt sich ein Buch aus der Bücherecke und fragt, ob wir uns zusammen das Buch anschauen können. „Was ist das für ein Buch, E.?“. Er zeigt mit dem Finger auf das Cover und sagt: „Fahrzeuge, Papa hat auch ein Auto!“. Zusammen blättern wir die ersten Seiten des Buches durch und ich lese ihm die Textpassagen daraus vor. In dem Buch geht es eigentlich um die Jahreszeiten und das Wetter und weniger um Autos. Mit vielen Aufforderungen, wie „Weiter, weiter …“ ,kommen wir zu einer interessanten Seite des Buches. Dort entdecken wir ein Auto, welches durch eine große „Matschepfütze“ fährt. „Papa auch Auto“ sagte E. und zeigte auf das blaue Auto. Ich frage E., ob sein Papa auch ein blaues Auto fährt? Diese Frage wurde bejaht und E. verweilt mit seinem Blick noch etwas länger auf dem blauen Auto. Was geht dort in diesem kleinen Köpfchen bloß vor? Kurze Zeit später wird das Buch zugeklappt und wieder zurück in das Bücherregal gelegt. Im Anschluss fordert sich E. sein Kuscheltier ein und zieht sich in eine ruhige Ecke des Raumes zurück. Er wirkt nachdenklich, aber nicht traurig. Ich behalte ihn noch einige Zeit im Auge, bis er wieder bereit ist, mit den anderen Kindern zusammen zu spielen. Aber das Kuscheltier bleibt dabei fest in seiner Hand.
Ich denke, dass das blaue Auto eine Erinnerung an eine Situation von zu Hause freigesetzt hat. Das lange Verweilen beim Bild, das Einfordern eines Bezugsgegenstandes und das nachträgliche ruhige Verhalten lassen darauf schließen, dass E. einen Moment der emotionalen Bindung zu einer Person außerhalb der Kita hatte und sich dieser hinzugezogen fühlte.Er hat es aber geschafft, dieses Bedürfnis selbständig zu regulieren und so wieder gestärkt am Kitaalltag teilzunehmen.
„Die Kinder erkennen, dass Literatur durch Inhalt und Form das Leben bereichert.“ (BIKO. S.22)